
Eichacker, Cornelia
Kontakt
Eichacker, Cornelia
Orleansstr. 61 Rückgebäude
81667 München
089/21752025
0163/9102840
cornelia.eichacker@icloud.com
www.cornelia-eichacker.de
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Bio
1978-85 Studium der Malerei und Graphik an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Rudi Tröger, Meisterschülerin und Diplom
1990-96 Assistententätigkeit an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Rudi Tröger und Prof. Jerry Zeniuk
1992 Förderstipendium aus der Mathias-Pschorr-Stiftung
1995 USA-Stipendium für New York, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
1996 Lehrtätigkeit an der Art Academy of Cincinnati, Ohio, USA
1998 Förderstipendium aus der Prinzregent-Luitpold-Stiftung
1998 1.Preis, Kunst am Bau Wettbewerb und Auftrag,
Gewerbegrund Bauträger GmbH & Co, Objekt Seidlpost KG,Eingangshalle Seidlstr.24, München
1999 Kunst am Bau Direktauftrag, Zentralverband des deutschen Baugewerbes, Treppenhausatrium, Kronenstr.55-58, Berlin
2001-03 1.Preis, Kunst am Bau Wettbewerb und Auftrag, Universitätsklinikum"Carl Gustav Carus“ Dresden
2002 1.Preis, Kunst am Bau Wettbewerb und Auftrag, Johannes Gutenberg-Universität Mainz,
2004 Stipendium, Hochschulsonderprogramm III
2005-2007 Bayerisches Atelierförderprogramm
2010-2011 Atelierförderprogramm der LH München
2014 3. Preis, Realisierungswettbewerb zur künstlerischen Gestaltung einer Brandschutzwand zur Vertretung des Landes Bayern in Berlin
2020 Förderstipendium Projektbüro NEUSTART, BBK Berlin,
2021 “Kunst im Ministergang“, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
2023 Haus Buchenried, Malerei auf Leinwand und Papier
Pressetext
Die gegenständliche Form der Farbe
Zur Malerei von Cornelia Eichacker
Die Malerei ist vor allem in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts schon einige Male für tot erklärt worden - und mit jedem Male entschiedener und endgültiger als zuvor. Das begründete und begründet man noch immer nicht nur mit ihrer "Begrenztheit", nämlich der Bindung an die Fläche und der angeblichen Erschöpfung ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, sondern auch mit den vielen Bildinnovationen und Bildern der neuen Medien, die das malerische Bild längst überholt hätten. Auffallend ist in der Tat die wörtlich gemeinte "Langsamkeit" des gemalten Bildes sowohl in seinem Entstehungs- wie auch Leseprozess gegenüber den schnellen, gewiss nicht einfach nur oberflächlichen Bildern der neuen Medien.
Diese "Langsamkeit" aber, so zeigt es sich am Ende des Jahrhunderts, ist wohl auch eine besondere, nicht austauschbare Qualität der Malerei, die nicht einfach zu ersetzen ist und sie weniger verfügbar macht gegenüber Vereinnahmung und Verbrauch. Das gilt nicht für jedes gemalte Bild, wohl aber für die guten und besten.
Langsamkeit war auch ein Stichwort für den Versuch von Kaspar König und Hans-Ulrich Obrist, in ihrer Ausstellung "Der zerbrochene Spiegel" entgegen allen Szene - Trends doch noch einmal nach Möglichkeiten und Qualitäten der Malerei zu fragen. Sie haben nicht versucht zu kategorisieren, aber eine Gemeinsamkeit im höchst Unterschiedlichen glaubten sie doch festmachen zu können: "Das ästhetische Erlebnis scheint uns derzeit ein großes Verlangen nach statisch langsamen Dingen zu haben, die sich nicht verändern, wo die Bewegung vom Betrachter aus erfolgt. Die Informatik ist nicht beschleunigt, dafür aber vielschichtig."
Das Verlangen nach langsamen Dingen, das Problem des Auftauchens und Verschwindens, das vom Betrachter nicht einfach durch Zugriffe ausgeblendet bzw. eingeschaltet werden kann, die auf diese Weise komplexe Information des Gleichzeitigen und doch erst in seiner Lesefolge Erfassbaren: hier haben wir Merkmale des Störfaktors Malerei gegen den schnellen Verbrauch und gegen die Illusion spontaner Wechsel. Das ist eine ihrer Existenzgrundlagen, die sie unverzichtbar machen in dem Maße, in dem andere Medien durch Simulation alle Distanz scheinbar aufheben und direktes Erleben versprechen. "Langsamkeit" gilt nicht für die Sujets, sondern für alle Essentials der Malerei, also auch für Probleme der Bildgestaltung und -konzeption. Die grundsätzlichen malerischen Fragestellungen sind lange nicht mehr oder nur noch als Blickwinkel neu. Und doch führen verwandte Fragen nicht immer bloß zu verwandten oder gar sich lediglich fortschreibenden, verdoppelnden Ergebnissen. Das ist eine historische Erfahrung, die bis heute Gültigkeit hat. Und das ist eine eigene Qualität der Malerei, dass sie mit ihrem enormen Bildfundus uns die Bedeutung der Differenz sichtbar gemacht hat anstelle identischer, multiplizierbarer Resultate, die sich die Wissenschaften bei Wiederholung einer Fragekonstellation als Beweis wünschen.
Der so positiv verstandene Begriff der "Langsamkeit" trifft in vollem Umfang auf die Malerei von Cornelia Eichacker zu und ist hier eng verbunden mit dem der Stille, die nicht etwa lautlos und leer ist, sondern leise atmet und von Auge und Geist Geduld verlangt, wenn sie sich dem Betrachter erschließen soll. "Langsamkeit", "Stille" - die Reihe kann fortgesetzt und ergänzt werden: "Tiefe" im räumlichen wie im spirituellen Sinne, "Farbklang", der sich nicht einfach aus Harmonien aufbaut, sondern eher im Sinne von Modulation mit unbeschreibbaren Zwischentönen arbeitet, und schließlich auch ein Begriff von "Zeit", in dem der Augenblick bis zur Grenze des Zeitlosen gedehnt wird.
Damit ist, wenn auch undifferenziert gegenüber der höchst differenzierten Malerei von Cornelia Eichacker, doch die Richtung angegeben, in der sich ihre Bilder orientieren: fort vom Lauten, vom Spontanen, fort vom schnellen Bild wie auch von der Niederschrift augenblicklicher Befindlichkeit, fort auch von Aggressivität, die stets auf Differenz verzichten muss, vom Knall, von der schnell verbrauchten Attraktivität und vor allem fort von der Vorstellung, es gehe um immer überraschende neue Sujets oder Formerfindungen.
Auch in dieser Hinsicht zeichnet sich die Malerei von Cornelia Eichacker in ihrer "Langsamkeit" aus, die nicht den Wechsel der Motive und Malattitüden sucht, sondern die vielfältigen, alle gleich gültigen Entwicklungsphasen ihres Sujets aufspürt und darstellt. Ihre Malerei ist ein intensiver Prozess im Gegensatz zum extensiven, auch expressiven, gerichtet auf die Bildwirklichkeit und ihre mählichen innergeweblichen Veränderungen anstatt auf deren effektvolle Abstrahlung nach außen. Das meint allerdings nicht den Rückzug ins Unsagbare, gar Mysteriöse, wo alle Kommunikation aufhört und Malerei nur sich selbst genügt. Komplex ist das Ergebnis eines Malprozesses, der nachvollziehbar, in seinem Vorgehen durchschaubar bleibt.
Es geht um das differenzierte Zusammenwirken verschiedener Ebenen bzw. Bildmittel, nämlich dem dominanten der Farbe und darin gleich gewichtig eingeschlossen dem der Farbform, die vom Bildmotiv getragen und stabilisiert, aber nicht a priori bestimmt wird, und der aus Farbe und Farbform sich ergebenden virtuellen Bildräumlichkeit, die - dem Auge eindrucksvoll präsent - sich doch jedem Versuch einer begrifflichen oder gar maßlichen Bestimmung völlig entzieht.
Beginnen wir mit dem zunächst Auffälligen: ihre "großen" Bilder (die Formate bleiben gemessen an dem heute üblichen eher auf intime Räume denn auf Museumssäle konzipiert) haben ein einziges Motiv, das in vielfältigen Aspekten und unterschiedlichen Dominanzen gegenüber dem Bildganzen gemalt wird. Es sind Pflanzenformen, also organische, die in das geometrische Bildrechteck gesetzt werden. Diese Spannung ist für die Malerin von Bedeutung. Deshalb auch hat sie ihr Bildinventar vorsichtig erweitert, hat z.b. einen kleinen Stuhl zur Pflanze gesetzt: Stuhl als Konstruktion gegenüber dem Gewachsenen. Diese bedeutet für sie nicht bloß eine Spannung des Bildmotivs, sondern eine grundsätzliche ihrer Malerei, daß sie das Moment des Rationalen, das jede Formulierung beinhaltet, im unbewusst Emotionalen, das Farbe auch immer einschließt, aufgehen lässt und umgekehrt. Beide sind gleichermaßen wichtig und nur in dieser dialektischen Verschränkung für ihre Malerei von Interesse. Weder darf die Form dominieren noch die Farbe sich informell verselbständigen.
So wird auch verständlich, warum Cornelia Eichacker an den gegenständlichen Motiven festhält, obwohl sie ihnen doch so wenig inhaltliche Bedeutung zumisst. Sie benutzt die Bildgegenstände als Farbträger wie z.b. Monet bei seinen "Heuhaufen"- oder "Kathedralen"-Bildern Interesse an den Gegenständen nur als Gerüst für die Farbe hatte, damit diese ihre Eigenständigkeit und Freiheit demonstrieren könne, ohne einfach ins Formlose sich auszubreiten. In diesem Sinne sind die Pflanzenblätter, der Stuhl und der dann dazu gestellte kleine Schirm anzusehen: als Träger bzw. Gerüste des Bildes, die die Farbe in Form halten.
Das ist ein Problem jenseits der Auseinandersetzung zwischen gegenständlich und abstrakt, weil diese Bilder ganz und gar aus der Farbe heraus gedacht sind und weder aus dem gegenständlichen Zeichen sich entwickeln noch auf deren mögliche Ableitungen in frei, abstrakte Formen zielen. Diese Malerei hat die ideologischen Positionen zwischen gegenständlicher Orientierung und Abstraktion längst hinter sich gelassen - oder besser: sie wieder auf die malerische Frage zurückgeführt, die ihr schon bei Monet gestellt wurde und die in den letzten beiden Jahrzehnten wieder in den Mittelpunkt gerückt ist.
Die formulierte Farbe ist das eigentliche Ereignis dieser Bilder und auch ihr Inhalt. Man kann den langsamen Prozess ihres Entstehens im Ergebnis noch nachspüren, wie sie allmählich aufgebaut wurden, von der glatt geschliffenen Grundierung, die zur undurchlässigen Bildhaut wird und das Einsickern bzw. Absumpfen der Farbe verhindert, bis zur vielschichtigen Endgestalt: wohl sind die vielen dünnen Farbschichten, die hier übereinandergelegt wurden, nicht mehr einzeln auszumachen. Aber im feinen Auftrag scheint aus dem Grund vieles nach oben durch, vermischt sich mit anderen, ohne dadurch Palettenmischung zu sein. In dieser Hinsicht schätzt die Malerin die Differenz und Klarheit der Addition, des Übereinanderlegens. Eine Schicht wird erst übermalt, wenn sie angetrocknet ist, damit die Farben sich durchsichtig durchdringen, nicht aber voneinander subtrahieren.
Die Farben dieser Bilder sind trotz ihrer Intensität nie laut, nie aggressiv, auch nie bloß Oberfläche. Und dennoch zieht ihre Transparenz auch nicht in unergründliche Tiefen, bleibt diesseits in der Welt, also ohne einen Anspruch auf idealistische Transzendenz. Meist dominieren eine, bestenfalls zwei Farben, die in unterschiedlichen Modulationen und Verdünnungen aufgetragen werden. In Eitempera gemalt, haben die Bilder nichts von öligem Glanz und wesenlosem Tiefenschein, nichts aber auch von der stumpfen Dichte der Acrylfarben. Sie sind von farblicher Intensität und dennoch zurückhaltend matt, Licht eher versammelnd als abstrahlend. So entsteht eine vielschichtige Räumlichkeit, die sich vor allem aus der Farbe aufbaut und weniger aus den Formüberschneidungen. Diese Bildräume entstehen eben nicht nur aus Hell-Dunkel oder Kalt-Warm, sondern ebenso aus den dünnen Überlagerungen der einzelnen Farbschichten. So erweitert sich der bereits angesprochene dialektische Charakter der Bilder um die Spannung zwischen Luzidität und Undefinierbarkeit, zwischen dem Sehgewohnten - z.b. Hell-Dunkel - und den neu zu entdeckenden Atemfrequenzen der korrespondierenden, überlagernden und ineinanderdringenden Farbschichten, zwischen der reflektierenden Art des Farbaufbaus und dem kontemplativen Ergebnis.
Auf den ersten Blick mögen die Bilder und Aquarelle (die im Sujet ungebundener, durch die Technik bedingt im Auftrag freier, aber von ähnlicher Spannung sind) traditionellen Vorstellungen von Malerei verpflichtet sein. Jedenfalls kokettieren sie weder mit Grenzüberschreitungen noch mit außermalerischen Effekten. Auch ist ihnen im klassischen Sinne Malkultur eigen anstelle von Chuzpe und Provokation. Und doch bezeugen sie, daß eine solche Malerei nicht bloß traditionell, erst recht nicht erledigt oder gar langweilig ist schon deshalb, weil sie nicht mit anderen Bildern konkurrieren will. Die hier evidenten Möglichkeiten, Differenzen zu erforschen und zu thematisieren, bedeuten auch einen Akt notwendigen Widerstands gegen Manipulation und schnellen Konsum. Verstand und Gefühl werden gleichermaßen angesprochen auf ihre Fähigkeiten zu unterscheiden anstatt sich ein- und unterzuordnen oder sich anderem gleich zu machen. Und vor allem das: was zu sehen ist, ist sehbar und ebenso einsehbar und doch nie endgültig begrifflich aufzuschlüsseln.
Text von Prof.Lothar Romain, (1944 – 2005)
Kurator, Kunstwissenschaftler,Professor für Kunstgeschichte an der AdBK in München, Präsident der Universität der Künste in Berlin
